In den großen Industrienationen wie z.B. Deutschland sind Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) mittlerweile zur Volkskrankheit geworden.
Bereits mehr als die Hälfte der Männer und gut die Hälfte aller Frauen in Deutschland sind übergewichtig. Das geht aus dem Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung hervor.
Leider zeigt sich diese Entwicklung zur Übergewichtigkeit seit den 80er Jahren immer stärker auch bei Kindern und Jugendlichen. Bereits 10-18% der Kinder und Jugendlichen sind in Deutschland übergewichtig. Davon leiden ca 4-8% an krankhaftem Übergewicht (Adipositas). Die Erwachsenen sind den jungen Menschen hier ein schlechtes Vorbild.
1. Warum kann Übergewicht gefährlich sein?
Die Entwicklung zur Übergewichtigkeit bei jungen Menschen ist sehr bedenklich, denn übergewichtige Kinder können später leicht ernährungsbedingte Folgeerkrankungen bekommen:
So lässt Übergewicht den Blutdruck steigen. Zusätzlich verschlechtert Übergewicht den Cholesterinwert und den Blutzuckerspiegel und fördert so Diabetes – und das auch schon bei Kindern und Jugendlichen. Längerfristig können sich aus Bluthochdruck, erhöhtem Cholesterinwert und Diabetes dann gefährliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen entwickeln wie z.B. Erkrankungen der Herzgefäße, Herzschwäche, Schlaganfall oder auch Herzinfarkt.
Zusätzlich werden durch ein hohes Körpergewicht auch die Hüft-, Knie- und Fußgelenke stark belastet und die Entstehung von Arteriosklerose begünstigt.
Übergewicht kann sich auch negativ auf die geistige und psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen auswirken. Denn übergewichtige Kinder und Jugendliche werden häufig gehänselt. Dadurch fühlen sie sich ausgegrenzt und ziehen sich zurück. Ein gesundes Selbstwertgefühlt und Selbstbewusstsein kann sich so nicht gut entwickeln.
2. Ist mein Kind übergewichtig?
Was bedeutet eigentlich der Begriff „Übergewicht“?
Ihr Kind ist übergewichtig, wenn sein Körpergewicht über das Normalgewicht hinausgeht.
Wenn Sie den BMI (Body-Mass-Index) Ihres Kindes ausrechnen, können Sie leicht feststellen, ob Ihr Kind übergewichtig ist. Für Erwachsene errechnet sich der BMI durch Körpergewicht (kg) : Körpergröße (m) im Quadrat. Da Kinder noch wachsen und sich entwickeln, müssen bei der Berechnung des BMI für Kinder zusätzlich das Alter und das Geschlecht berücksichtigt werden. Hier finden Sie einen BMI-Rechner, der Ihnen das Ausrechnen des persönlichen BMI ihres Kindes erleichtert.
Allein am BMI-Wert können Sie jedoch noch nicht erkennen, ob Ihr Kind übergewichtig ist. Aus diesem Grund tragen Sie bitte den errechneten BMI-Wert ihres Kindes in die Wachstumskurven für das Alter Ihres Kindes ein und vergleichen den Wert. Entsprechende Vergleichskurven für Jungen und Mädchen finden Sie hier.
3. Wie entsteht Übergewicht?
Übergewicht entsteht dann, wenn der Körper mehr Kalorien bekommt als er verbrauchen kann. Jedoch gibt es Menschen, die viel essen können und trotzdem nicht dick werden. Andere werden dick, obwohl sie gar nicht so viel essen.
Dies liegt daran, dass Übergewicht ganz unterschiedliche Gründe haben kann:
Die Neigung zu Übergewicht kann vererbt werden
Bei einigen Menschen steuern die Gene, dass der Körper insgesamt zu wenig Kalorien verbrennt. Deshalb kommen übergewichtige Kinder meist aus Familien, in denen auch schon die Eltern und Großeltern übergewichtig sind. Hat Ihr Kind eine Veranlagung zum Übergewicht, dann sollten Sie in der Familie besonders auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung und viel Bewegung achten! So können Sie Übergewicht bei Ihrem Kind vermeiden!
falsches Essverhalten und Ernährungsgewohnheiten
zu viel, zu fettes, zu süßes aber auch zu schnelles Essen kann zu Übergewicht führen. Aber auch falsche Ernährungsgewohnheiten der Eltern können Schuld sein am Übergewicht von Kindern (z.B. „Der Teller muss leergegessen werden“; oder Eltern trösten ihre Kinder mit Süßigkeiten, wenn sie nicht genug Zeit haben, sich um sie zu kümmern.)
psychische Probleme
bei Angst (z.B. Scheidung der Eltern, Tod), Stress, Langeweile, Depressionen und Sorgen aber v.a. auch bei Mangel an Zuwendung neigen viele Kinder und Jugendliche zu „Heißhungerattaken“ und „Frustfressen“.
Bestimmte Krankheiten und Medikamente begünstigen Übergewicht
Einige Stoffwechselerkrankungen und homonelle Erkrankungen (z.B. Schilddrüsenunterfunktion) verursachen eine Gewichtszunahme. Aber auch die Einnahme bestimmter Medikamente wie z.B. Cortison kann zu einer Gewichtszunahme führen.
4. Was führt am häufigsten zu Übergewicht?
Der häufigste Grund für Übergewicht ist heute eine falsche Ernährung und zu wenig Bewegung.
Die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Kinder und Jugendliche essen oft zu viel, zu süß und zu fetthaltig.
Das gemeinsame Frühstück in der Familie fällt häufig aus. Anstelle von festen gemeinsamen Mahlzeiten in der Familie essen die Kinder zwischendurch oft süße Snacks und trinken Softdrinks wie Fanta oder Cola.
Auch bewegen sich Kinder und Jugendliche nicht genügend. Bereits beim Spielen und Basteln im Kindergarten, später dann in der Schule und am Nachmittag bei den Hausaufgaben verbringen die Kinder zu viel Zeit im Sitzen. Aber auch in der Freizeit bewegen sich Kinder und Jugendliche meist nicht genug. Hier spielen der Computer und das Fernsehen oft die Hauptrolle.
5. Was können Sie in Ihrer Familie gegen Übergewicht oder zur Vorbeugung gegen Übergewicht tun?
Um Übergewicht in der Familie vorzubeugen oder zu verringern, sollten Sie folgende Punkte besonders beachten:
5.1. Beachten Sie die kritischen Wachstumsphasen Ihres Kindes, in denen Übergewicht leicht entstehen kann:
Babys nehmen im ersten Lebensjahr sehr viel an Gewicht zu. Für die gesunde Entwicklung der ganz kleinen Kinder ist das wichtig. Bei den meisten Kindern normalisiert sich das Gewicht aber bis zum dritten Lebensjahr. Wenn Ihr Kind bei der Geburt sehr schwer war, sollten Sie die Entwicklung seines Gewichtes aber etwas genauer beobachten!
Beim Eintritt in die Schule bewegen sich Kinder zwangsweise weniger. In dieser Phase können Kinder leichter übergewichtig werden. Auch spielen der zunehmende Stress und die höheren Anforderungen hier eine wichtige Rolle.
In der Pubertät stehen Jugendliche besonders in der Gefahr, übergewichtig zu werden. Die Pubertät mit ihren vielen Veränderungen ist für Jugendliche oft eine große seelische Belastung. Diese Belastung versuchen viele Jugendliche mit Essen auszugleichen.
5.2. Vermeiden Sie ungünstiges Essverhalten
Ihr Kind braucht in der Regel fünf Mahlzeiten am Tag. Mehrere kleine Mahlzeiten am Tag sind besser für die Verdauung. Außerdem stellen Sie mit fünf kleinen Mahlzeiten sicher, dass der Körper Ihres Kindes gleichmäßig mit Nährstoffen und Energie versorgt wird. Auch ist es gut, mehrmals am Tag zu essen, weil Kinder z.B. von Obst und Gemüse nicht so viel auf einmal essen können.
Versuchen Sie, die Hauptmahlzeiten gemeinsam mit der ganzen Familie einzunehmen. So können Sie leichter feststellen, dass Ihr Kind regelmäßig isst, und wieviel es isst. Auch können Sie hier selbst mit gutem Beispiel vorangehen!
Achten Sie darauf, dass Ihr Kind nicht zu schnell isst. Denn erst ca. 20 Minuten nach Beginn des Essens hat der Körper das Gefühl, satt zu sein. Wer langsam ist, wird schneller satt und braucht nicht so viel zu essen.
5.3. Ernähren Sie sich und Ihr Kind ausgewogen und vollwertig
Der Körper braucht am Tag ganz bestimmte Nährstoffe. Stellen Sie sicher, dass Ihr Kind über den Tag verteilt alle notwendigen Nährstoffe zu sich nimmt. Für eine vollwertige, ausgewogene Ernährung empfiehlt das Forschungs- institut für Kinderernährung folgende Regel:
viel pflanzliche Lebensmittel und Getränke zu sich nehmen
(d.h. Obst, Gemüse, Getreideprodukte, Mineralwasser und ungesüßte Tees) Es wird empfohlen, täglich ungefähr fünf Portionen Obst und Gemüse zu sich zu nehmen.
nur in Maßen tierische Lebensmittel zu sich nehmen
(nicht zu viel Fleisch, Wurst, Fisch, Geflügel, Milch, Käse, Butter, Joghurt, Quark, Ei usw.)
nur sehr wenig fettreiche und süße Lebensmittel zu sich nehmen
(z.B. Frittiertes wie Chips oder Pommes Frites, Pfannkuchen, fette Wurst- und Fleischsorten, Gebäck und Kuchen, Cola / Fanta, Alkohol, Süßigkeiten, Schokolade, Sahnejoghurt, Mayonnaise, Backfisch usw.)
5.4. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind sich viel bewegt!
Zeigen Sie Ihrem Kind durch Ihr eigenes Verhalten, wie es im Alltag genug Bewegung bekommt. Dazu gehört regelmäßig Sport aber auch normale Bewegung im Alltag. Fahren Sie Fahrrad oder gehen Sie zu Fuß, statt den Bus oder das Auto zu nehmen!
5.5. Alle in der Familie müssen mitmachen!
Weil bereits so viele Kinder und Jugendliche stark übergewichtig sind, gibt es immer mehr Therapien und Programme, die Übergewicht und Adipositas verringern sollen. Doch diese Therapien helfen nur dann langfristig, wenn sich alle Familienmitglieder an den Maßnahmen gegen Übergewicht beteiligen. Das bedeutet: nicht nur das übergewichtige Kind selbst, sondern alle in der Familie müssen sich mit ihm gesund und ausgewogen ernähren und sich genügend bewegen! Sonst fühlt sich das übergewichtige Kind allein gelassen. Außerdem braucht ein übergewichtiges Kind Vorbilder, an denen es sich orientieren kann.
Unter www.a-g-a.de finden Sie Therapiezentren gegen Adipositas im Kinder- und Jugendalter.