Die vom Deutschen Gehörlosen-Bund e. V. (DGB) durchgeführte Umfrage zu auftretenden Beeinträchtigungen durch Tinnitus unter Gehörlosen wurde im Dezember 2013 durchgeführt.
Die Umfrage richtete sich explizit an taube und hochgradig schwerhörige Personen, die von Tinnitus betroffen sind. Es nahmen insgesamt 234 Personen teil, von denen die meisten in Gebärdensprache kommunizieren (über 80 %). Der Großteil der Befragten ist von Geburt an taub oder vor dem Spracherwerb ertaubt. Mehr als die Hälfte der Befragten tragen keine Hörgeräte oder Cochlea-Implantate.
Ältere Menschen haben an der Umfrage kaum teilgenommen (keine Personen über 70 Jahren, nur 10 % zwischen 61 und 70), was wahrscheinlich an der Art der Umfrage (Onlinefragebogen) lag. Es kann daraus aber nicht geschlossen werden, dass ältere Menschen nicht betroffen sind, da in der Durchschnittsbevölkerung die Tinnitus-Häufigkeit gerade bei Personen im Alter von 60 bis 80 Jahren besonders hoch ist. Ebenfalls haben fast keine Personen unter 20 Jahren teilgenommen (nur 1 %). Dies mag daran liegen, dass die Umfrage nicht über jugendspezifische Medien verbreitet wurde und nicht speziell diese Zielgruppe angesprochen wurde. Der Großteil der Befragten (etwa zwei Drittel) ist zwischen 30 und 60 Jahren alt.
Ein knappes Drittel der Befragten gibt an, den Tinnitus durchgängig ohne Pause wahrzunehmen. Knapp 60 Prozent der Befragten hören den Tinnitus nur tage- oder stundenweise (Abbildung 1). Die Stichprobe weist hier im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung deutlich abweichende Zahlen auf: In der repräsentativen Studie der Deutschen Tinnitus-Liga von 1999 geben zwei Drittel der Befragten an, die Ohrengeräusche permanent zu hören.
Tinnitus tritt bei den Befragten etwa mit gleicher Häufigkeit auf dem linken bzw. rechten Ohr sowie auf beiden Ohren auf. Auch Tinnitus, der nur im Kopf hörbar ist, ist verbreitet. Auch sind alle Schweregrade etwa gleich häufig zu finden.
Vielen ist nicht bekannt, woher ihr Tinnitus stammt und es treten im Laufe der Jahre auch nur bedingt Veränderungen auf. Die meisten Befragten empfinden ihren Tinnitus ab und an oder dauerhaft als quälend. Bei etwa zwei Dritteln der Befragten tritt er in schwankender Lautstärke auf.
Von den Hilfsmöglichkeiten wurde eine breite Palette (z. B. Hörgeräte, Retraining, Entspannungstechniken, Psychotherapie) abgefragt, jedoch hat etwa die Hälfte der Befragten noch nie eine Behandlung in Anspruch genommen.
Über zwei Drittel der Befragten, die bereits Hilfsmöglichkeiten genutzt haben, geben an, dass die Behandlung nicht erfolgreich war. Lediglich Entspannungstechniken werden von mehr als der Hälfte als (teilweise) hilfreich eingestuft. Dass sich viele Personen nicht in Behandlung begeben, mag sicher daran liegen, dass die meisten Angebote nicht für Gehörlose zugänglich sind, da sie nicht in Gebärdensprache angeboten werden. Spezielle Kliniken für Gehörlose, die Angebote für die Behandlung von Tinnitus bieten (Bad Grönenbach und Bad Berleburg), sind möglicherweise in der Gehörlosengemeinschaft nicht so bekannt und werden daher nicht genutzt.
Auf die Frage, was die Betroffenen persönlich gegen den Tinnitus unternehmen, wurden verschiedenste Maßnahmen angeführt. Am häufigsten versuchen die Befragten, den Tinnitus zu ignorieren bzw. sich abzulenken. Außerdem gönnen sich die Betroffenen mehr Ruhe, versuchen Stress zu vermeiden und machen öfters Urlaub. Des Weiteren werden häufig entspannende Maßnahmen und Bewegung genannt.